Oranienburgs Stadtzentrum erlebt schon seit geraumer Zeit einen Wandel, der vielen Ladenbesitzern Sorge bereitet. Es ist die zunehmende Abwanderung von Einwohnern und somit auch von potentiellen Kunden. Und Corona verschärft das alles noch.

Doch was macht Oranienburg attraktiv und was nicht, und warum ist Oranienburg eine Autostadt? – Ein Kommentar.


Als wir nach Oranienburg gezogen sind, hatten wir vor allem einen klaren Gedanken. Wir wollen Natur und Ruhe. Und zugegebener Maßen werden wir damit hier bisher auch sehr glücklich. Denn in der Stadt gibt es viele Vögel, viele Hunde(-besitzer) und sogar Lurche oder Bieber. Doch das ist nur die eine Seite der Stadt.

Die andere plagt sich mit Vermüllung, Leerstand, Autos und zu wenig Parks. Oranienburg ist ein Industriestandort und somit ist natürlich auch klar, dass hier das Stadtbild ganz anders geprägt wird als in vielen anderen Städten. Doch uns fiel nach mehreren Spaziergängen etwas erhebliches auf.

Die Müllsituation in Oranienburg

Ich habe noch keinen einzigen öffentlichen Mülleimer in der Stadt gesehen, mit Ausnahme der Bernauer Straße. Selbst bei einem Spaziergang im Januar mussten wir feststellen, dass die Wälder zwischen Sachsenhausen und Kuhbrücke teils sehr vermüllt sind. Sicher hat nicht die Stadt den Müll dort hingeschmissen, jedoch wäre es in meinen Augen hier die Aufgabe, gerade hier gegen eine Verschmutzung der Natur zu arbeiten oder zumindest Bürger dazu zu motivieren, gemeinsam Müll zu sammeln. Zum Beispiel mit einer freiwilligen Müllsammelaktion einmal im Jahr.

Die Verkehrssituation

Ein weiteres Problem das ich sehe ist, dass Oranienburg eine pure Autostadt ist. Als Fußgänger fühlt es sich hier teils an, als wäre man nicht unbedingt eingeplant. Ein Beispiel: Auf der Sachsenhausener Straße, welche dann in die Chausseestraße übergeht, gibt es auf einer Strecke von etwas mehr als 1,7 Kilometern keinen einzigen Fußgängerüberweg, ja nicht mal einen Zebrastreifen, obwohl vor allem die Westseite der Straße durchaus bewohnt ist und sich hier auch einige Geschäfte befinden. Auf der Ostseite der Straße befindet sich größtenteils erst gar kein Fußweg. Für uns ist es, gerade wenn die Straße besonders viel befahren ist, ziemlich schwer sicher und schnell die Straße zu kreuzen.

Auf Nachfrage beim Landkreis Oberhavel hieß es nur, dass ein Bau geprüft, jedoch aber abgelehnt wurde, da dies zu teuer und nicht realisierbar sei. Okay, verständlich wenn sich auf der Gegenseite kein Fußweg befindet. Doch schon ein Zebrastreifen kurz hinter der Einmündung zur Heidestraße würde sicher vielen Bürgern schon helfen. Bestes Beispiel ist, dass erst kürzlich in der Chausseestraße ein Neubaugebiet mit 27 Familiengerechten Wohnungen entstanden ist. Doch hier würde ich mein Kind nicht zum Supermarkt oder zur Schule schicken. Klingt also nach einem ewigen Kreislauf einer Autostadt.

Neubau-Quartier in der Chausseestraße in Oranienburg
Neubau-Quartier in der Chausseestraße in Oranienburg

Die Brachfläche, die für Unruhe sorgt

Das was mich jedoch mitunter am meisten stört ist, dass ein wenig Auto nicht reicht. Es muss scheinbar mehr sein. Doch von Anfang an:

An der Rungestraße befindet sich gegenüber dem Katasteramt eine große Brachfläche. Diese soll nun nicht mehr brach liegen und einen Nutzen bekommen. Bis sich ein Investor für diese Fläche gefunden hat, soll hier jedoch ein provisorischer Parkplatz entstehen, der einer Wiederbelebung des Einkaufsviertels dienen soll. Doch ich bin wohl nicht der einzige, dem das wohl nicht so ganz schmeckt. Er soll laut einigen Lokalpolitikern wie z.B. Björn Luttmann von der SPD mehr Kunden in die Innenstadt locken (https://www.bjoern-luettmann.de/neugestaltung-der-brachflaeche-in-der-rungestrasse-ist-chance-fuer-oranienburgs-innenstadtentwicklung/). Dabei handelt es sich jedoch nur um ein temporäres Projekt, das meiner Meinung nach sowieso sinnfrei ist.

Der Schlosspark Oranienburg
Ansicht auf den Schlosspark Oranienburg

Denn ich Frage mich, warum mich ein Parkplatz in die Innenstadt locken sollte? Sicherlich ist ein Parkplatz ein Faktor, der dazu dient Kunden eine gewisse Qualität vor Ort bereitzustellen, denn sollen die Kunden ja schließlich auch aus dem ferneren Umkreis in die Stadt kommen. Doch ich sehe hier einen wesentlich größeren Vorteil in einem kleinen Stadtpark und/oder einer etwas üppigeren Grünflächengestaltung entlang der Hauptstraße. Große Parkplätze gibt es schon, wie zum Beispiel den (theoretisch noch ausbaubaren) Park+Ride am Bahnhof oder den Parkplatz vor dem Stadtschloss oder dem an der Liebigstraße, direkt neben der Rungestraße. Grün und Parkplatz – das lässt sich meiner Meinung nach nicht vereinen. Das endet nur im „Straßenbegleitgrün“.

Auch wenn Oranienburg den tollen Schlosspark hat, so denke ich, dass das nicht reicht.

Das Problem in meinen Augen ist: Wozu sollten wir einen Parkplatz für andere Bürger bauen, wenn a) das Angebot bzw. die Nachfrage mit passenden Geschäften nicht besteht und b) wir dabei nicht einmal an die eigenen Städtischen Bürger denken. Vielleicht Bestünde hier eine viel bessere Chance, zum Beispiel den Oranienpark weiter auszubauen, denn hier gibt es über-massig Parkplätze.

Liebes Oranienburg: Parkplätze sind die eine Sache, aber sollte man nicht auch darüber nachdenken, die Besucher über ihren eigentlichen Zweck hinaus in der Stadt zu halten? Steigt nicht auch der Umsatz, wenn die Stadt an sich schon ein Ausflugsziel wert ist? Das sehe ich so, gelingt aber nur, wenn die Stadt grüner wird, ihre Fassaden putzt, ein tolles Angebot besteht und die Industrie nicht zu sehr hervorsticht.

Also liebe Investoren, vielleicht lässt sich ja Bequemlichkeit, Ausgeglichenheit und Nutzen kombinieren, indem man in der Rungestraße ein Mehrzweckgebäude mit Tiefgarage und öffentlichem Dachgarten konzipiert.

Das waren mal meine Gedanken dazu. Sicherlich gefällt diese Ansicht nicht jedem und lässt Raum für Diskussionen, doch ich bitte in den Kommentaren um eine sachliche Formulierung der eigenen Gedanken und Ansichten. 🙂

Übrigens gibt es zwei wichtige Petitionen zu diesem Thema, die ich jedem nur sehr ans Herz legen möchte:

Petition: Stadtpark statt Parkplatz (es gibt auch eine Gegenpetition, doch die Argumente der Unterzeichner sind mir ehrlich gesagt zu plump, Zitat: „Weil es wichtig ist !„; „Oranienburg braucht Parkplätze um die Innenstadt zu beleben. Sonst wandert die Kundschaft vollständig nach Berlin ab“ (liegt eher an den Geschäften hier); „Weil ich central parken möchte .„; „Meine Eltern wohnen dort„; „Weil ich die Natur hasse“ – Natürlich sind aber auch nachvollziehbare Argumente dabei.)

Petition – Veränderung der Müllsituation in Oranienburg


Weitere Informationen:

https://www.moz.de/lokales/oranienburg/bebauungsplan-ehemaliges-ovg-gelaende-in-der-rungestrasse-fuer-einzelhandel-vorgesehen-49096650.html